Justin Leone
Stammtisch
Stammtisch mit dem Wein-Hipster Justin Leone
Justin Leone ist mehr als nur ein Wein-Sommelier. In unserem Stammtisch berichtet er, was es für ihn heißt einen guten Wein zu trinken und macht deutlich, wie wichtig die Wertschätzung für die Arbeit ist, die hinter der Herstellung steckt!

Der gebürtige Kanadier ist so etwas wie ein Cuvée aus Punkrocker und Sommelier. Nach München kam der Quereinsteiger direkt ins Sternerestaurant „Tantris“, beerbte dort Paula Bosch als Chef-Sommelier und gab Weinkurse für Einsteiger, die immer ausgebucht waren. 2013 wurde er zum Sommelier des Jahres gewählt, auf Sky konnte man ihn in der Sendung „Master Chef“ als Sommelier sehen. Nun hat er sein eigenes Restaurant in München namens „Bottles & Bones“. Das Establishment sollte sich in Acht nehmen: Hier mischt ein Rebell mit Stil die angestaubte Spitzengastrowelt auf.

Ich bin der Meinung, dass die Zeiten für Weintrinker nie besser waren als heute. Und doch steht auch der Reinste der Reinen im Fadenkreuz der gefährlichsten Form von Snobismus: der Anti-Snob. Einer, der sich auf Kosten anderer aufs moralisch hohe Ross setzt. Dessen Selbstgerechtigkeit sich in reine Ignoranz hüllt, die sich als Erleuchtung tarnt. Eine typische Haltung für Hipster. Diese Schnäppchen-Großkotzigkeit, die „Ist doch alles nur Traubensaft, Mann“ daher tönt und mit Daddys Kreditkarte T-Shirts bei Versace einkauft, die nach Vintage aussehen. Stolz wie Harry, weil er den ersten mexikanischen Amphorenwein mit Schraubverschluss auf dem Markt gefunden hat, aber völlig ignorant gegen den Schweiß, den Schmerz, die Tränen und das Herzblut, die in die überirdischen Weinklassiker dieser Welt geflossen sind. Es ist kein Traubensaft, du Idiot, es ist ein Meisterwerk aus Wissenschaft, Geheimnis, Tradition, Emotion und verflucht harter Arbeit. Dinge, die mit dir offensichtlich nichts zu tun haben.

Oder der Bursche, der immer nur den billigsten Wein bestellt, ihn probiert, dann übertrieben gestikuliert und seinen Gästen verkündet: „Jo! Braucht ’ne Menge Luft, aber dann ist er prima.“ Verzeihung, mein Herr, aber Sie können auf Ihre digitale Timex starren, solange Sie wollen, sie wird auch eine Stunde später noch keine Patek Philippe sein.

Auch dieser Kommentar von einem Immobilienprofi in London: „Brillant. Danke dafür. Ich liebe Wein, hasse die Weininstitutionen und werde nie mehrwieder einen Sommelier fragen, nie!“ Wie stolz da einer darauf ist, ein Idiot zu sein! Welcher Sommelier hat denn dem armen Kerl etwas Schlimmes angetan? Ihm hinter dem Beichtstuhl an seine empfindlichste Weinstelle gefasst? Leg dich auf die Couch und rede darüber, Freud. Du kannst uns vertrauen. Wir sind da, um zu helfen. Sogar wenn ein paar von uns selbstverliebte Deppen sein mögen, die große Mehrzahl will nur dein Bestes. Dich glücklich zu machen fühlt sich nämlich auch für uns total warm und flauschig an.“